Atmung & Emotionen
Die Vorstellung, dass Atem gleich Leben ist, hat eine lange Tradition und ist tief in verschiedenen Kulturen verankert. Unsere Atmung steht in enger Verbindung mit unserem inneren Erleben und spiegelt unmittelbar unseren seelischen Zustand wider. Emotionen beeinflussen unser Atemmuster und bringen es in Bewegung.
Wir am Institut für Beziehungsdynamik
Das Berliner Institut für Beziehungsdynamik, gegründet 2006, bietet im Schwerpunkt Paartherapie, Sexualtherapie und Körperpsychotherapie an. Atmung ist dabei ein zentraler Aspekt, mit dem wir im Bereich der Körpertherapie/ Körperpsychotherapie Einfluss nehmen. Sie suchen Unterstützung im Rahmen einer Einzeltherapie/ Psychotherapie oder Paartherapie? Dann nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.
Sprachbilder der Emotionen im Alltag
Unsere Sprache ist voller bildhafter Ausdrücke, die die Verbindung zwischen Atmung und Gefühlen verdeutlichen:
- Da stockte mir der Atem.
- Da wage ich kaum zu atmen.
- Du nimmst mir die Luft zum Atmen.
- Vor Schreck blieb mir die Luft weg.
- Eine atemberaubende Spannung.
- Eine atemlose Stille.
- Eine erstickende Atmosphäre.
- Da muss ich erst einmal Luft holen.
- Jemandem etwas husten.
- Dampf ablassen.
- Seiner Wut Luft machen.
- Erleichtert aufatmen.
- Endlich kann ich wieder frei durchatmen.
Diese Redewendungen verdeutlichen, wie tief verwurzelt die Verbindung zwischen Atmung und Emotionen in unserer Alltagssprache ist.
Die Bedeutung der Atmung in der Therapie
In der Einzel- und Paartherapie nutzen Therapeut*innen das Wissen um die Verbindung von Atemmustern und Emotionen, um Menschen zu helfen, ihre unterdrückten Gefühle in Bewegung zu bringen. Viele Menschen sind von ihrem körperlichen Erleben dissoziiert und sprechen über ihre Gefühle, anstatt sie tatsächlich körperlich wahrzunehmen.
Die Rolle der Atmung im Körper und in den Emotionen
Die Atmung spielt eine wesentliche Rolle, da sie eng mit dem vegetativen Nervensystem verbunden ist, das alle unwillkürlichen Prozesse im Körper reguliert. Die Einatmung aktiviert den Sympathikus, was für eine höhere Energieladung sorgt, während die Ausatmung den Parasympathikus aktiviert und Entspannung fördert.
Das vegetative Nervensystem
- Einatmung (Sympathikus): Erhöht Herzfrequenz, erweitert Bronchien, setzt Glukose frei und spannt Muskeln an.
- Ausatmung (Parasympathikus): Senkt Herzfrequenz, verengt Bronchien, fördert Verdauung und entspannt Muskeln.
Natürliche Atmung
Die Einatmung ist ein aktiver Prozess, bei dem wir zuerst in den Bauch atmen und dann die Luft in den Brustkorb ziehen. Die Ausatmung ist ein passiver Prozess, der durch das Loslassen der Atemmuskulatur erfolgt. Eine bewusste Bauchatmung bringt uns in Kontakt mit unseren Gefühlen und erdet uns.
Emotionale und körperliche Reaktionen
- Angst: Schockartige Einatmung, gefolgt von Erstarrung und flacher Ausatmung. Chronische Angstatmung ist flach und hektisch (Neuroscience News).
- Wut: Stoßartige Ausatmung durch den Mund, unterstützt durch Bauchmuskelkontraktionen
- Trauer: Tiefe Atmung öffnet schmerzbesetzte Bereiche, führt an verletzte Seelenanteile heran und löst befreiendes Weinen aus.
- Freude: Gelöste Atmung mit vollem Atemvolumen, erweiterte Brust und entspannter Bauch.
- Interesse und Neugier: Tiefe Atmung mit vollem Körpergefühl, alle Sinne werden energetisiert.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Atmung und Emotionen
Die Forschung bestätigt die enge Verbindung zwischen Atmung und emotionalen Zuständen. Eine Studie der Northwestern University zeigte, dass das Atemmuster die Gehirnaktivität beeinflusst, insbesondere in der Amygdala, die für die emotionale Verarbeitung zuständig ist, und im Hippocampus, der mit dem Gedächtnis verbunden ist (Big Think).
Eine weitere Untersuchung, veröffentlicht in der Zeitschrift Biological Psychology, verdeutlicht, dass langsame und kontrollierte Atmung das parasympathische Nervensystem aktiviert, was zu Entspannung und einer Reduktion von Stress und Angst führt (Psychology Today). Diese Studie betont auch die Rolle des Vagusnervs, der vom Gehirn bis in den Bauch verläuft und bei tiefer Atmung eine beruhigende Wirkung entfaltet (Neuroscience News).
Die physiologischen Mechanismen der Atmung
Die Forschung hat gezeigt, dass tiefe und bewusste Atmung über den Vagusnerv eine Reihe von positiven physiologischen Effekten auslösen kann. Der Vagusnerv spielt eine zentrale Rolle bei der Regulierung des parasympathischen Nervensystems, welches für die „Ruhen und Verdauen“-Funktion des Körpers verantwortlich ist. Bei tiefer Einatmung wird der Vagusnerv stimuliert, was zur Reduktion von Herzfrequenz und Blutdruck führt und eine allgemeine Entspannungsreaktion im Körper hervorruft (Neuroscience News).
Therapeutische Arbeit mit der Atmung
In der Einzel- und Paartherapie arbeiten Therapeuten mit Atemübungen, um unterdrückte Gefühle zu erkennen und zu akzeptieren. Bewusste Atemlenkung hilft, eine tiefere Verbindung zu den eigenen Emotionen herzustellen. In der Paartherapie können Partner durch das Erkennen ihrer unterschiedlichen Atemrhythmen ein tieferes Verständnis für die Dynamik ihrer Emotionen entwickeln.
Ein besonders interessanter Ansatz ist die Verbindung von Atemtechniken mit Meditation. Forscher an der Trinity College Dublin fanden heraus, dass Atemübungen und Meditation die Aktivität im Locus coeruleus, einer Gehirnregion, die für Aufmerksamkeit und Atemregulation verantwortlich ist, synchronisieren (Neuroscience News). Dies kann die emotionale Stabilität und kognitive Leistungsfähigkeit verbessern.
Praktische Anwendung von Atemübungen
Atemübungen können leicht in den Alltag integriert werden, um emotionales Wohlbefinden zu fördern. Hier sind einige einfache Übungen:
- Bauchatmung: Setzen Sie sich bequem hin, legen Sie eine Hand auf den Bauch und atmen Sie tief durch die Nase ein, sodass sich der Bauch hebt. Atmen Sie langsam durch den Mund aus, während sich der Bauch senkt.
- 4-7-8 Atmung: Atmen Sie durch die Nase ein und zählen Sie dabei bis 4. Halten Sie den Atem an und zählen Sie bis 7. Atmen Sie durch den Mund aus und zählen Sie bis 8. Wiederholen Sie dies mehrmals.
- Wechselatmung: Schließen Sie mit dem Daumen das rechte Nasenloch und atmen Sie durch das linke Nasenloch ein. Schließen Sie das linke Nasenloch mit dem Ringfinger und atmen Sie durch das rechte Nasenloch aus. Wiederholen Sie dies abwechselnd.
Die langfristigen Vorteile bewusster Atmung
Die regelmäßige Praxis von Atemübungen kann langfristige gesundheitliche Vorteile bieten. Studien haben gezeigt, dass kontrolliertes Atmen die Herzfrequenzvariabilität verbessert, was ein Indikator für die allgemeine Herzgesundheit ist (Scientific Reports). Eine erhöhte Herzfrequenzvariabilität ist mit einer besseren Anpassungsfähigkeit an Stress und einer insgesamt besseren kardiovaskulären Gesundheit verbunden.
Darüber hinaus kann bewusste Atmung die kognitive Funktion verbessern. Eine Studie im Journal of Neurophysiology fand heraus, dass tiefe Atmung die neuronale Aktivität im präfrontalen Kortex erhöht, einem Bereich des Gehirns, der für Entscheidungsfindung, Aufmerksamkeit und emotionales Management verantwortlich ist (Journal of Neurophysiology). Diese erhöhte Aktivität kann zu einer verbesserten Konzentration und einem besseren emotionalen Gleichgewicht führen.
Atemtechniken und ihre kulturellen Wurzeln
Die Praxis der bewussten Atmung ist in vielen Kulturen tief verwurzelt und spielt eine zentrale Rolle in verschiedenen spirituellen und meditativen Traditionen. Im Yoga, beispielsweise, wird die Atemtechnik als Pranayama bezeichnet und ist ein wesentlicher Bestandteil der körperlichen und geistigen Praxis. Pranayama umfasst verschiedene Atemtechniken, die dazu dienen, den Geist zu beruhigen und die Lebensenergie zu kontrollieren (Yoga Journal). Zu den bekanntesten Techniken gehören:
- Nadi Shodhana (Wechselatmung): Diese Technik soll die Energiebahnen reinigen und das Gleichgewicht zwischen den beiden Gehirnhälften fördern.
- Kapalabhati (Schädelleuchten): Eine kraftvolle Atemübung, die die Lungen reinigt und die geistige Klarheit fördert.
- Ujjayi (siegreiche Atmung): Diese Atemtechnik erzeugt ein beruhigendes Geräusch und fördert die Konzentration während der Yoga-Praxis.
Auch in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) spielt die Atmung eine wesentliche Rolle. Qi Gong, eine Praxis, die Bewegung, Meditation und Atemkontrolle kombiniert, zielt darauf ab, den Energiefluss im Körper zu harmonisieren und die Gesundheit zu fördern.
Die Rolle der Atmung in der modernen Medizin
In der modernen Medizin gewinnt die Atemtherapie zunehmend an Bedeutung. Atemübungen werden zur Behandlung einer Vielzahl von Erkrankungen eingesetzt, einschließlich Asthma, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und Angststörungen. Die Forschung hat gezeigt, dass Atemübungen die Lungenfunktion verbessern und die Lebensqualität bei Menschen mit Atemwegserkrankungen erhöhen können (National Institutes of Health).
Darüber hinaus werden Atemtechniken zunehmend in der psychotherapeutischen Praxis eingesetzt, um Patienten zu helfen, mit Stress, Angst und Depression umzugehen. Durch die bewusste Kontrolle der Atmung können Patienten lernen, ihre physiologischen Reaktionen auf Stress zu regulieren und ein Gefühl der Ruhe und des Wohlbefindens zu erreichen (American Psychological Association).
Atemübungen zur Förderung des Wohlbefindens
Regelmäßige Atemübungen können eine Vielzahl von gesundheitlichen Vorteilen bieten, darunter verbesserte Lungenfunktion, reduzierte Stresslevel und ein besseres emotionales Gleichgewicht. Hier sind einige einfache Übungen, die Sie in Ihren Alltag integrieren können:
- Tiefes Bauchatmen: Setzen Sie sich bequem hin, legen Sie eine Hand auf den Bauch und atmen Sie tief durch die Nase ein, sodass sich der Bauch hebt. Atmen Sie langsam durch den Mund aus, während sich der Bauch senkt.
- 4-7-8 Atmung: Atmen Sie durch die Nase ein und zählen Sie dabei bis 4. Halten Sie den Atem an und zählen Sie bis 7. Atmen Sie durch den Mund aus und zählen Sie bis 8. Wiederholen Sie dies mehrmals.
- Wechselatmung (Nadi Shodhana): Schließen Sie mit dem Daumen das rechte Nasenloch und atmen Sie durch das linke Nasenloch ein. Schließen Sie das linke Nasenloch mit dem Ringfinger und atmen Sie durch das rechte Nasenloch aus. Wiederholen Sie dies abwechselnd.
Fazit
Die enge Verbindung zwischen Atmung und Emotionen ist wissenschaftlich gut belegt und bietet wertvolle Ansätze für die Therapie und das persönliche Wohlbefinden. Indem wir lernen, unsere Atmung bewusst zu lenken, können wir unsere emotionalen Reaktionen besser verstehen und kontrollieren. Atemübungen bieten eine einfache und effektive Methode, um Stress abzubauen, emotionales Gleichgewicht zu finden und die kognitive Leistungsfähigkeit zu steigern.
Für weiterführende Informationen und professionelle Unterstützung bei Atemtherapie und emotionalem Wohlbefinden, besuchen Sie Psychology Today und Neuroscience News.