Ein Mann sendete uns nach unserer Männergruppe im Mai 2010 zum Thema “zwischen Größenwahn und Impotenz” folgenden Text. Er schildert darin einen Traum, den er in der Nacht nach dem ersten Wochenende geträumt hatte.
Ich stehe ganz unten im hohlen Fernsehturm von Berlin, den Fuß auf der ersten Stufe der Treppe die ganz nach oben führt, auf die oberste Plattform. Euphorisch beginne ich den Aufstieg zu Fuß.
Absatz um Absatz lasse ich hinter mir, immer höher steige ich hinauf. Meine Beine tragen mich mit Leichtigkeit, ich freue mich auf den Rest der Stufen und auf das Gefühl, den Aufstieg ohne Aufzug (den es hier eh nicht gibt) zu bewältigen.
Der Turm und das Treppenhaus werden schmaler, ich komme immer höher, doch ich habe genug Kraft und Zuversicht, die Spitze zu erreichen. Dann enden die Stufen und nur eine Rampe ohne Geländer führt weiter hinauf, das Gehen ist hier anstrengender. Ich sehe hinab in das schwarze Loch unter mir, den Boden kann ich schon lange nicht mehr sehen.
Ich gehe dicht an der Außenwand, da ich Angst habe von der Rampe zu rutschen. Aber ich gehe weiter, ich werde es schaffen. Der Boden der obersten Plattform kommt in Sicht, bald bin ich da. Nun endet auch die Rampe, nur gespannte Tücher führen weiter hinauf bis zur Plattform. Sie bilden eine Art Rinne, in die ich mich hineinlege und an deren Rändern ich mich Stück für Stück nach oben ziehe. Es sind breit, feste Stoffbahnen, und jetzt sind es nur noch wenige Meter bis zu meinem Ziel. Dann erreiche ich die Decke. Aber es ist einfach nur eine Decke, sie hat keine Luke oder einen Einstieg, und selbst wenn es der Boden der Plattform ist, werde ich nie auf die Oberseite gelangen können.
Jetzt bemerke ich auch, dass die Stoffbahn nicht so stabil ist wie ich gedacht hatte, sondern jeden Moment reißen kann. Zudem ist sie mit nur zwei Klammern an die Wand getackert, die mein gesamtes Körpergewicht tragen müssen. In mir steigt Angst auf, bei jeder meiner Bewegungen schwankt die Stoffbahn gefährlich und ich drohe in die Tiefe zu stürzen. Ich versuche vorsichtig abzusteigen, doch die Bahn schwankt so stark, dass ich fast herausfalle und mich nur mit großer Mühe und irrigen Verrenkungen daran festklammern kann.
Panik steigt in mir auf, ich traue mich kaum mehr zu bewegen, aus Angst, die Klammern könnten sich lösen oder der Stoff könne reißen. Ich rufe verzweifelt nach Ananda, nach Hilfe, und endlich erscheint er am Ende der Rampe. Ist ja gut, sagt er, ich werde dir helfen. Er zieht mich rüber zu sich, hilft mir aus dem Stoff heraus und dann stehe ich neben ihm auf der sicheren Rampe. Jetzt erst sehe ich, dass unter mir noch ein breiter Sims gewesen war, auf den ich mich mühelos hätte herunterlassen können, um mich selbst zu retten. Ich schäme mich sehr dafür, wie ein kleines Kind nach Ananda gerufen zu haben, der mir im ruhigen Ton klarmacht, dass alles in Ordnung ist.