Es erreichen uns häufig Nachrichten wie diese: „Ich bin Opfer eines Narzissten geworden.“ Diese Berichte sind geprägt von tiefem Schmerz und Verwirrung, denn die Betroffenen befinden sich in einem emotionalen Labyrinth. Doch was genau ist ein Narzisst, und was bedeutet es, Opfer eines Narzissten zu sein?
In diesem Beitrag wollen wir skizzieren, was als Narzissmus beschrieben wird, wie das Handeln eines Narzissten erscheinen kann und wie es sein kann, dass man sich als Opfer eines Narzissten erlebt.
Am Institut für Beziehungsdynamik in Berlin bieten wir spezialisierte Beziehungstherapie an und unterstützen Menschen, die das Gefühl haben, in festgefahrenen Beziehungskonstellationen gelandet zu sein. Unsere Mission ist es, Betroffenen zu helfen, sich aus Beziehungsmustern zu befreien, die an von einigen Menschen auch als toxische Beziehungsmuster bezeichnet werden. In unserer Beziehungstherapie begleiten wir Sie dabei, gesunde und erfüllendere Beziehungen aufzubauen, sei es, dass Sie Einzelperson im Rahmen einer Psychotherapie oder Beziehungstherapie oder als Paar in Paartherapie zu uns kommen. Mit einem Team erfahrener Therapeuten bieten wir ein sicheres Umfeld, in dem man sich öffnen und heilen kann.
Narzissmus ist eine Persönlichkeitsstörung, die durch ein übertriebenes Selbstwertgefühl, ein starkes Bedürfnis nach Bewunderung und einen Mangel an Empathie gekennzeichnet ist. Gemäß dem Diagnostischen und Statistischen Handbuch Psychischer Störungen (DSM-5) zeigen Narzissten häufig Verhaltensweisen wie:
Diese Merkmale können Beziehungen tiefgreifend beeinträchtigen und die Betroffenen (oftmals nicht nur das „Opfer“) in einen Zustand emotionaler Abhängigkeit und Verunsicherung bringen.
In der ICD-11, dem Krankheitskatalog der WHO, wird Narzissmus als eine Persönlichkeitsstörung klassifiziert, die durch eine signifikante Störung der Persönlichkeitsfunktionen gekennzeichnet ist. Diese Störung geht fast immer mit erheblichen persönlichen und sozialen Beeinträchtigungen einher. Die zentralen Manifestationen der Persönlichkeitsstörung sind Beeinträchtigungen in der Selbstfunktion (z.B. Identität, Selbstwert, Fähigkeit zur Selbststeuerung) und/oder in der zwischenmenschlichen Funktion (z.B. Aufbau und Aufrechterhaltung enger und befriedigender Beziehungen, Verständnis für die Perspektiven anderer, Konfliktmanagement in Beziehungen). Weitere Informationen zur Klassifikation von Persönlichkeitsstörungen in der ICD-11 findest du [hier]
Opfer eines Narzissten zu sein bedeutet oft, in einer Beziehung zu leben, in der Manipulation, Gaslighting und emotionale Erpressung an der Tagesordnung sind. Gaslighting, ein Begriff, der sich auf psychische Manipulation bezieht, lässt das Opfer an seiner Wahrnehmung und Realität zweifeln. Ein Narzisst kann das Selbstwertgefühl des vermeintlichen Opfers systematisch untergraben, indem er es ständig kritisiert und herabsetzt. Dieser Prozess führt oft dazu, dass das Opfer des Narzissten das Gefühl hat, nie gut genug zu sein und ständig auf der Suche nach Anerkennung und Bestätigung ist.
In unserer Praxis erleben wir häufig Fälle von emotionaler Erpressung. Ein Beispiel dafür ist Anna und Markus, ein Paar, das sich bei uns in der Paartherapie vorstellte. Anna fühlte sich ständig emotional erpresst von Markus. Er drohte damit, sie zu verlassen, wenn sie seinen sexuellen Wünschen nicht nachkam, und stellte ihre Liebe zu ihm infrage, wenn sie nicht tat, was er wollte. Diese Drohungen und Manipulationen ließen Anna zweifeln und in ständiger Angst leben, nicht genug für Markus zu sein. Dadurch sank ihre Selbstachtung erheblich, und sie fühlte sich in der Beziehung gefangen. Durch die Paartherapie konnte Anna erkennen, wie Markus ihre Emotionen manipulierte, und lernte, gesunde Grenzen zu setzen und ihr Selbstwertgefühl wiederzufinden. Es zeigte sich, dass auch Markus unter seinem Narzissmus gelitten hatte. Es war keinesfalls so, dass er davon profitiert hatte, sondern es zeigte sich, dass eigentlich beide eher Opfer des Narzissmus gewesen waren.
Es ist wichtig zu betonen, dass ein Opfer niemals nur ein Opfer ist. Oftmals suchen sich Menschen, wenn auch mehr oder weniger unbewusst, Beziehungen mit Narzissten aus. Dies kann an eigenen inneren Mustern und vergangenen Erfahrungen liegen. Die Dynamik, die zwischen einem Narzissten und seinem Opfer entsteht, ist komplex und vielschichtig. Zu verstehen, dass man selbst auch eine Rolle in dieser Beziehung spielt, ist ein wichtiger Schritt zur Heilung. Es bedeutet nicht, dass das vermeintliche Opfer die Schuld trägt, sondern dass es wichtige Erkenntnisse darüber gewinnen kann, warum es sich in einer solchen Beziehung wiedergefunden hat.
Ein wichtiger Ansatzpunkt in diesem Zusammenhang ist das Kollusionskonzept des Schweizer Psychoanalytikers Jürg Willi. Willi beschreibt Kollusion als ein unbewusstes Zusammenspiel von Partnern in einer Beziehung, bei dem beide Seiten zur Aufrechterhaltung der problematischen Dynamik beitragen. In narzisstischen Beziehungen ist häufig eine Konstellation zu beobachten, bei der das Opfer unbewusst die narzisstischen Bedürfnisse des Partners unterstützt, während es seine eigenen Bedürfnisse und Grenzen vernachlässigt. Das Verständnis dieser unbewussten Mechanismen kann helfen, aus der destruktiven Dynamik auszubrechen und gesündere Beziehungsmuster zu entwickeln.
Wenn Sie sich in dieser Beschreibung wiederfinden, ist dies der erste Schritt, um Unterstützung zu finden. Am Institut für Beziehungsdynamik in Berlin bieten wir therapeutische Unterstützung im Rahmen einer Beziehungstherapie oder Paartherapie an, um Betroffenen zu helfen, sich aus sogenannten toxischen Beziehungsmustern zu befreien und ihr Selbstwertgefühl wieder aufzubauen. In einer Psychotherapie, Paartherapie oder Sexualtherapie berücksichtigen sowohl die individuellen als auch die partnerschaftlichen Aspekte der Beziehungsmuster.
Narzissten können ihre Umgebung tiefgreifend beeinflussen. Laut einer Studie von Campbell und Foster (2007) sind Menschen mit narzisstischen Persönlichkeitsmerkmalen oft charmant und charismatisch, was es anfangs schwer macht, ihre destruktiven Verhaltensweisen zu erkennen. Eine weitere Studie von Ronningstam (2011) zeigt, dass narzisstische Persönlichkeitsstörung oft mit tief verwurzelten Unsicherheiten und einem instabilen Selbstbild einhergeht.
Um sich zu befreien, ist es hilfreich, die Dynamiken zu verstehen, die eine narzisstische Beziehung prägen. Dies umfasst das Erkennen von Manipulationstaktiken und das Entwickeln gesunder Grenzen. Professionelle Unterstützung kann hierbei einen entscheidenden Unterschied machen.
Die langfristigen Auswirkungen einer Beziehung mit einem Narzissten können tiefgreifend und vielschichtig sein. Bei einem entsprechenden Grad an Erpressung und Manipulation kann man auch in erwachsenen Beziehungen von narzisstischem Missbrauch sprechen. Viele Betroffene leiden dann unter anhaltendem Stress, Angstzuständen und Depressionen. Das ständige Gefühl der Unzulänglichkeit und der emotionale Missbrauch können das Selbstwertgefühl und das Vertrauen in andere nachhaltig beeinträchtigen. Eine Studie von Stinson et al. (2008) zeigt, dass die Erholung von narzisstischem Missbrauch Zeit und gezielte therapeutische Unterstützung erfordert. Hierbei ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen, um die eigenen Wunden zu heilen und gesunde Beziehungsmuster zu entwickeln.
Praktische Schritte zur Heilung und Erholung
Zunächst ist es wichtig, die Beziehung zu verändern und an den Stellen, wo sie destruktiv wird, begrenzen. Im Extremfall kann es notwendig werden, die destruktive Beziehung zu beenden und den Kontakt zum Narzissten möglichst zu minimieren.
Neben professioneller Unterstützung sind Selbsthilfe und Selbstfürsorge entscheidend, welche natürlich auch im Rahmen einer Psychotherapie entwickelt werden können. Dies kann durch das Erlernen neuer, psychologischer Bewältigungsstrategien, manchmal aber auch durch Alltagsaktionen wie regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf erreicht werden. Meditation und Achtsamkeitstechniken können ebenfalls helfen, den Geist zu beruhigen und den Fokus auf das eigene Wohlbefinden zu legen. Das Lesen von Büchern und Artikeln über Narzissmus und narzisstischen Missbrauch kann dabei helfen, die eigenen Erfahrungen besser zu verstehen und zu verarbeiten.
Ein wesentlicher Teil des Heilungsprozesses besteht darin, gesunde Grenzen zu setzen. Dies bedeutet, klar zu kommunizieren, was akzeptabel ist und was nicht, und darauf zu bestehen, dass diese Grenzen respektiert werden. Es kann hilfreich sein, dies mit einem Therapeuten zu üben, um sich sicher und gestärkt zu fühlen, wenn man diese Grenzen in der realen Welt setzt. Auch Gruppentherapien oder Selbsterfahrungsgruppen können helfen, neue Muster in Beziehungen zu entwickeln.
Auf unserer Seite finden sich einige Buchempfehlungen und Beiträge, die hilfreiche Impulse bieten können. In einer Therapie kann es darum gehen, das Selbstwertgefühl stärken, gesunde Beziehungsmuster entwickeln und Umgang mit narzisstischem Missbrauch zu finden.
Fazit
Das Gefühl, Opfer eines Narzissten zu sein, ist eine belastende und herausfordernde Erfahrung. Doch in der Regel sind Opfer nicht unbeteiligt, sondern in eine gemeinsame Beziehungsdynamik verstrickt und eingebunden und damit auch beteiligt. Damit ist nicht gemeint, dass die betreffende Person Schuld hat, sondern ermöglicht die Übernahme von Verantwortung, aktiv aus der festgefahrenen (inneren und äußeren) Beziehungssituation herauszukommen. Falls Sie sich in diesem Artikel wiedererkennen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Hier geht’s zu unserem Kontaktformular.
Hier sind einige zusätzliche Informationen, die dir helfen können, die nächsten Schritte zu unternehmen: