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Wie ich lernte meine Gefühle abzustellen

Im Allgemeinen passiert dieses verkrampfende Wegdrücken, wenn ich traurig bin. Ich will nicht leiden und ich will nicht dass mich andere leiden sehen. Jeden, der es schafft mich heulen zu sehen, verachte ich. Es ist für mich eine Niederlage. Ich denke, wenn ich nicht fühle, bin ich unbesiegbar. Als meine Schwester geboren wurde war ich 4. Ich habe mich gefreut und ich hatte Angst. Ich hatte Angst davor, dass ich jetzt nicht mehr geliebt werde. Ich habe mich abgekapselt. Ich habe mehr gegessen, schneller, hektischer. Meine Schwester war keine Gefahr. Sie hat fast nie aufgegessen. Meine Schwester wollte immer mit mir teilen und ich nicht. Ich hatte das Gefühl es bleibt nicht genug für mich, seit sie da ist. Ich empfand es als ungerecht zu teilen und gleichzeitig habe ich mich dafür geschämt so zu empfinden. Eltern, Liebe, Essen, Bett, mein Leben teilen. Ich werde das verkrampfende Wegdrücken der Emotion NA UND!? nennen. Und in Klammern die eigentlichen Gefühle benennen: Wenn es Ohrfeigen gibt verkrampfe ich mich, ich will auch nicht heulen. Es soll an mir vorbeiziehen. Ich will unbesiegbar sein. Ohrfeige – NA UND!? (Heulen, Wut, Verrat, gemein und Rachegefühl) Fernsehverbot, Hausarrest – NA UND!? (ohne heulen, stur, trotzig) Klassenkeile – NA UND!? (mit heulen aber heimlich) Familienkrise – NA UND!?(mit heulen, wütend, verzweifelt, hilflos-machtlos, Angst) Horror- und Pornofilm – NA UND!? (ohne heulen, mit Schrecken und Verbitterung) Zerbrochene erste Liebe – NA UND!? (mit heulen, heimlich) Papa hat eine Geliebte – NA UND!? (ohne heulen, mit Unglauben, Zweifel an der Tatsache) Mama bricht zusammen: NA UND!? (mit heulen, Wut und Schwäche – ich kann das nicht mehr aushalten) Und nun kommt mein liebstes Mittel der Alkohol zum besseren Runterspülen und eins werden mit NA UND!? Ich schütte also 10 Jahre lang regelmäßig Flüssigkeit dazu und ich erfreue mich der Tatsache, dass das Krampfen nun nicht mehr wie Arbeit oder Anstrengung ist sondern, wie von alleine geht. Ich fange an, mich unbewusst zu verkrampfen/anzuspannen, das heißt, ich kann nur noch rekonstruieren, was mich verkrampft haben könnte in den letzten 10 Jahren, aber ich kann das Gefühl nicht mehr nachempfinden. Das Wegdrücken hat sich automatisiert und ich denke nur noch, ich habe alles unter Kontrolle, es gibt keine Grenze mehr an die ich stoßen könnte, ich bin unverwundbar, ich halte alles aus. Ich bin stolz darauf. Es fühlt sich gut an. Ich bin ein fleißiger, mutiger und starker Märtyrer. Papas Liebschaften, Puffbesuche, Freundinnen, Orgien, Lügen, – Enttäuschungen wie er sich seinen Töchtern gegenüber verhält, mein Versuch unsere Beziehung aufrecht zu erhalten geht soweit, dass wir uns für einen gemeinsamen Puffbesuch entscheiden, von dem ich in letzter Minute aus inneren Zweifeln, ob ich das aushalte, abspringe. – NA UND !? (ohne heulen – mit dem Gefühl ja, so ist die Welt eben, jeder der es nicht aushält, hat hier nix verloren) Mamas Telefonterror-Attacken, sie total durchgeknallt sich im Kreis drehend, Fragen über Papa, das Arschloch, das Schwein, ausführliche Schilderungen seines Benehmens, seines Rumfickens, mich total mit der schweinischen Seite meines Vaters konfrontierend – NA UND!? Ich merke wie mein Inneres dagegen ankämpft, wie ich nicht glauben will was Mama sagt, wie ich nicht glauben darf, weil ich nicht weiss was dann passiert. Ich verteidige ihn, werde dann von meiner Mutter als Verräter beschimpft und als ebensolches Schwein wie Papa. Bis ich auflegen muss wegen körperlicher Erschöpfung (mit Heulen, hysterischen Zusammenbrüchen danach, völlige Erschöpfung und Verzweiflung, das Gefühl von Hilflosigkeit, nichts machen können und Wut) Ich gerate also mit meiner Einstellung zu Papa – die Welt ist eben so – in Konflikt wenn ich sehe, wie Mama daran zugrunde geht)