Viele Männer, die eine Sexualtherapie aufsuchen, weil sie zu früh kommen, haben den Eindruck, dass Sie mit dem Problem alleine dastehen. In diesem Video kannst Du etwas über die emotionale Seit von EP (Ejaculatio Praecox) erfahren.
EP ist eine große emotionale Belastung für betroffene Männer. Zumeist stehen Sie damit alleine da und finden keine passende Anlaufstellen. In diesem Video führt Robert A. Coordes mögliche Ursachen und Gründe aus und kommentiert diese aus der sexualtherapeutischen Praxis.
Die meisten Männer haben, nachdem sie gekommen sind und dabei das Gefühl hatten, sich nicht und damit auch ihren Höhepunkt zurückhalten zu können, versagt zu haben. Allerdings ist damit ein umfassendes und tiefgehendes Gefühl von Versagen gemeint. Wenn man dann nachfragt, wobei sie das Gefühl haben, versagt zu haben, dann antworten sie oft: Ich habe meine Partnerin oder meinen Partner nicht richtig befriedigen können.
Viele Männer bezichtigen sich danach selbst und gehen mit sich so hart ins Gericht, als wenn sie auf ganzer Linie versagt hätten.
Als Sexualtherapeut gehe ich allerdings davon aus, dass dieses Gefühl des Versagens nicht nur aus der aktuellen Situation gespeist wird, sondern ein kindliches Gefühl ist, dass sich im Hier und jetzt, also mit der aktuellen Partnerin oder dem aktuellen Partner, aktualisiert.
Was genau innerlich passiert, arbeite ich zusammen mit betroffenen Männern in Einzelsitzungen heraus.
Ich habe Klienten, die, wenn Sie zu früh gekommen sind, eine ganze Woche deprimiert durchs Leben gehen, an allem zweifeln, was sie sind, wie sie leben und was sie auch beispielsweise beruflich verwirklicht haben.
Vor diesem Hintergrund nerven mich teilweise die Empfehlungen, die betroffenen Männern gegeben werden. Gestern habe ich gelesen, dass man es doch so sehen solle, dass Frauen es als Bestätigung sehen, wenn Männer früh kommen. Es mag Frauen geben, die das so erleben – aber die bekommen dann offensichtlich nicht mit, in welchen inneren Verwürfnissen sich Männer, die unter ejaculatio praecox leiden, bewegen.
Manchmal liest man auch, dass es ja evolutionär durchaus positiv ist, seinen Samen schnell zu verteilen. Mich machen solche seltsamen Hinweise echt sauer, da sie vollkommen das Thema verfehlen – der Mann ist nunmal innerlich mit tiefem Versagen, tiefer Traurigkeit oder Einsamkeit in Kontakt und Ratschläge nach dem Motto „sieh es doch mal positiv“ verstärken die innere Spannung nur noch.
Manche Psychotherapeut*innen oder auch Ratgeber empfehlen, dass betroffene Männer sich doch damit zeigen sollten, sich darin üben sollten, sich mitzuteilen und mit der Partnerin oder dem Partner zu kommunizieren. Das wäre natürlich ein sehr wichtiger und entlastender Schritt, dann wenn man sich erst einmal mit seinen eigenen Ängsten und Unsicherheiten mitgeteilt hat, dann braucht man nicht mehr zu befürchten, entdeckt zu werden. Die Folge ist, dass der innere Druck sinken kann und damit auch die Wahrscheinlichkeit, sich selbst gegenüber freundlicher und verzeihlicher zu sein.
Doch ist die Empfehlung, einfach das Gespräch zu suchen realistisch? Meiner Erfahrung nach nicht! Männer, die zu früh kommen, drehen sich Männer eher weg, isolieren sich mit dem eigenen Erleben – dem Gefühl und ziehen sich komplett zurück. Da hilft dann auch kein gut gemeinter Rat, sich doch lieber mitzuteilen. Für die meisten ist es so unangenehm, dass sie lieber Sex meiden würden, anstatt sich mit dem, was in Ihnen vorgeht zu offenbaren.
Wir haben am Institut für Beziehungsdynamik einen eigenen sexualtherapeutischen Ansatz – die Beziehungsdynamische Sexualtherapie – entwickelt.
Wir gehen davon aus, dass die Haltung und damit auch der innere Zustand entscheidend sind. Was bedeutet das?
Wie die moderne Gehirnforschung eindrücklich bestätigt, ist ein innerer Zustand die Verkoppelung verschiedener Bewusstseinselemente. D.h. wir erinnern uns – besonders in schwierigen Phasen – beständig an bestimmte Szenen unserer Vergangenheit, führen uns entsprechende Bilder vor Augen, sprechen mit uns, atmen in bestimmter Weise und fühlen uns in unserem Körper – alles zusammen gestaltet unsere Wahrnehmung und damit unsere Perspektive auf die Welt und auf unseren Partner oder unsere Partnerin. Es kann passieren, dass wir uns plötzlich wie ein fünfjähriger fühlen und erleben.
Und dieser Zustand ist dann unsere Wirklichkeit, weil er in uns Wirkung zeigt. Und ein Fünfjähriger ist eben nun mal überfordert und hat Angst zu versagen, wenn er mit einer Erwachsenen/ einem Erwachsenen Sex hat.
Und dieser Zustand muss Platz in uns finden, wir werden ihn nicht los.
Das ist Teil unserer Arbeit in der Beziehungsdynamischen Sexualtherapie – Verständnis zu entwickeln für den Anteil, der sich im Moment der sexuellen Störung zeigt und diesem Teil Gehör zu verschaffen und einen Ausdruck.
Die meisten betroffenen Männer haben mit massivem Leidensdruck zu tun und dementsprechend kommen Sie verständlicherweise und fragen mich: Was kann ich tun? Die Frage ist verständlich – doch: Vor dem Tun muss es Verständnis geben. Es ist wichtig, zunächst bewusst zu explorieren, was man tagtäglich schon macht, wenn man sich abwertet, wenn man den eigenen Körper nicht ernstnimmt – nicht genau genug hinsieht und überhöhten Idealen folgt und diese auch noch zu seinen eigenen Maximen zählt.
Wenn Du unbewusst weitermachst, wirst Du auch immer das gleiche Ergebnis bekommen. Um etwas zu verändern, musst Du erst einmal Deinen Zustand, den Zustand, wenn Du zu früh kommst, annehmen und aufhören, davor wegzurennen. Erst dann wirst Du in der Lage sein, Deinen vorzeitigen Samenerguss zu überwinden. Und dann funktionieren die guten Übungen, die es gibt, auch noch besser und nachhaltiger.