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Erlebnisbericht Frauencamp

Ich komme reich nachhause, versuche mich zu finden in meinen vier Wänden. Ein wenig fremd, so alleine. Bin glücklich, bin bei mir, bin bei euch. … und bin total erschüttert. Weinen, Wüten, Schreien…Eine alte Freundin hat sich das Leben genommen! Freundin? Freundin, was ist das? Ich friere, mir ist so kalt. So kalt ist mir.

Warum war sie nicht bei uns? Warum konnte sie sich nicht einlassen? Warum ist sie nicht mitgekommen ans Feuer, der sich umsorgenden Frauen? Wieso wollte diese wunderbare, klare und kraftvolle Frau nicht mehr leben wollen? Wieso konnte sie selbst sich nicht mitnehmen auf die Reise der Frage: Wer bin ich?

Es tut so weh… dieses stolze Weib, über jede Hilflosigkeit erhaben. Immer dieses: ich komme schon klar! Danke, ich brauche nichts!

Sie war so voller Liebe. Nur die eigene Bedürftigkeit hat sie nicht spüren können, oder nicht spüren wollen? Da gab es immer einen Raum in ihr, der voller Dunkelheit war. Einen Raum, den niemand betreten durfte. Manchmal hatte sie kurz den Schlüssel dafür in der Hand, dann haben wir zusammen hineingeschaut… hineingegangen sind wir nie. Hinter dieser Tür war ihr uralter Schmerz eingesperrt… Die Tränen zu Eis gefroren. Ja, ich weiß. Das bin ich selbst.

Danke fürs Leben! DANKE EUCH ALLEN!

Wieder ein Stückchen näher in die Wirklichkeit gerückt, aus meinem eigenen Verrückt-Sein. Auf dem Weg zum Frauencamp sitze ich mit zwei jungen Frauen im Auto. Ich freue mich und auf einmal sind wieder Zweifel in mir: „Was will ich denn dort mit diesem jungen Gemüse“? Ich lasse diese Gedanken zu, sie ziehen weiter. Ich spüre Unsicherheit, Angst – wovor? Es gibt kein zurück mehr.

Ankommen. Schöner Platz, mitten im Grünen. Herzlicher Empfang, Wärme. Die Hütten liebevoll geschmückt und beduftet. Ich bin berührt, diese liebevolle Fürsorge kenne ich nicht. Ich kann das kaum annehmen und das tut so wohl. Wir bekommen die Aufgabe, Zettel zu schreiben, auf denen steht, was wir loslassen wollen. Ich kann gar nicht aufhören zu schreiben. Ich kann aufrichtig fühlen, dass es mir ernst ist. Ich habe erkannt, dass meine Projektionen in die Jetzt-Zeit aus alten Erfahrungen stammen, und dass ich lernen will das, was Heute ist, aus dem Heute entspringen zu lassen. Mir wird immer mehr bewusst, dass ich alte Geschichten nicht eins zu eins in das Jetzt übertragen kann.

In den Wald gehen, Sachen suchen zum Maskenbau. Der Regen hängt in den Wolken. Mit und ohne Schirm, gut umsorgt, werden wir alleine und zu vielen in den Wald entlassen, um auf Spurensuche zu gehen…und zu finden. Ich fühle mich gut aufgehoben. Streife alleine durch nasse Wiesen am Maisfeld entlang. In der Ferne donnert es, es kommt ein Gewitter auf. Ich rieche feuchten Wald und schmecke Regen. Ich schneide Pilze von toten Birkenstämmen, bekomme langsam ein Bild von meiner Maske. Treffe in meiner Phantasie auf ein Wildschwein und flüstere mit den Eichhörnchen.

Abendessen am kleinen Feuer: Wie geht es uns, wo steht jede einzelne von uns Frauen? Ich habe für mich die Erkenntnis gewonnen, dass sich mein Leben immer an der Maxime von Männern orientiert hat. Ich stehe und falle durch die Beurteilung von Männern, bin selbst immer mehr in die Fußstapfen von Männern getreten, um Schritt halten zu können. Mir fehlt die Anbindung an die weibliche Energie, die mag ich zurückerobern. Ich wünsche mir, ein Gefühl, ein Spüren für meine selbstbewusste Kraft der Hingabe und des Wissens zu finden. Spüren lernen. Spüren, was ich brauche. Witterung aufnehmen. Spüren, was andere brauchen. Nähren, Knurren… Zähnefletschen, für mich einstehen. Spurensuche…

Morgens früh Yoga mit Sansara: Meine steifen Knochen wühlen sich aus dem Bett. Ohh, die Sonne scheint. Jaaa! Den inneren trägen Schweinehund besiegend finde ich mich auf der Wiese im Kreis der Frauen wieder. Mein steifer Nacken, mein Rücken, aller eingefrosteter Müll findet einen Weg zur Sonne. Warm werden, wie ein eingerosteter Motor, der nach langem Rumstehen wieder laufen darf…Ja, ich fühle eine Einladung zum Laufen, eine freundliche Aufforderung, aber keinen Zwang. Danke! Danke! Ich bin voller Dankbarkeit.

Eine der Frauen bringt ihr altes Waldwissen mit auf den Tisch, sie hat Schirmpilze, Maronen, Steinpilze und HEXENRÖHRLINGE köstlich zubereitet. Es duftet zwischen Rührei, frischem Kaffee und dem guten Ingwer-Lemongrastee verführerisch. Ich bitte um den morgendlichen Abwasch, eine Möglichkeit, meine Dankbarkeit zu zeigen. Es macht Spaß, mit den Frauen gemeinsam die Küche sauberzumachen.

So viele Eindrücke, so viele MenschInnen, soviel Natur

Trommeln. In der Mittagssonne Trommeln. Ich habe noch nie getrommelt – ein wenig schüchtern, aber voller Lust. Langsam finden wir in einen gemeinsamen Rhythmus, bohh, macht das Spaß! Irgendwann die Gitarren holen, … singen. Wind weht Lieder weg. Lachen. Unbeschwertheit. Immer wieder taucht der Gedanke auf, ich darf keinen Spaß haben, lerne ihn ziehen zu lassen… Habe Spaß. Lerne so viel hier. Bin auf unsicherem Boden. Kenne mich nicht aus in der Kopflosigkeit. Es ist, als wäre mein Kopf zu schwer für das dünne Stängelchen, meinen Hals.

Mein Nacken tut schon seit einigen Tagen weh. Kann meinen Kopf nicht mehr frei bewegen. Empfinde Steifheit. Ich finde mich wieder mit einer der Teilnehmerinnen, die sich um meinen schmerzenden Nacken kümmert und einfühlsam massiert. Und ich kann endlich weinen. Ich fühle mich aufgehoben, weine und weine und weine… Da ist so viel Mitgefühl in ihr, dass ich tief berührt bin.

Ich bin in einen Fluss geraten, der reißend ist. Einen Fluss, der von Dankbarkeit so gefüllt ist, dass ich es gar nicht beschreiben kann. Es fühlt sich an, als würde ich nach Hause finden. Nach Hause finden in weibliche Bereiche meiner Seele, die ich schon so lange suche und langsam anfange, zu finden. Ich schreibe und weine und umarme euch alle. Ich umarme den Tanz um das Feuer, zu dem wir getrommelt haben. Den Tanz, zu dem wir unsere Loslasswünsche in die Flammen warfen.

JA – ICH WILL- LOSLASSEN!

Dann bin ich dran, ich spüre, wie meine Energie immer mehr absackt. Ich will ums Feuer fliegen und den Flammen zurufen, dass sie alle meine Zweifel auffressen dürfen. Und ich fühle mich immer hilfloser, kraftloser und schwerer… Ich kann mich nicht anvertrauen. Kurz war beim Feuertanz die Stimme dieser giftigen Schlange in meinem Rücken: „Die will doch gar nicht! Die zieht doch bloß `ne Show ab!“ Ich kann mich nicht dazu verhalten, diese Worte in meinem Rücken ziehen mir den Boden unter meinen Füßen weg. Ich fühle mich hilflos und unverstanden, muss meinen Part retten. Bin in völliger Trance, habe komplett die Verbindung verloren, versuche, den Schein aufrecht zu erhalten, dass ich noch mitspiele. Meine Kehle ist völlig ausgetrocknet, habe das Gefühl, zu verdursten. Ich fühle mich abgeschnitten. Ich bin nicht. Ich bin es nicht wert! Erinnerungen werden bildhaft… Ich bin ganz, ganz klein noch. Es ist Nacht. Ich wache auf, ich habe Durst, ich schreie. Meine Mama kommt, meine geliebte unerreichbare Mama kommt. Sie will mich auf den Arm nehmen. Und mein Vater schubst sie zur Seite.

Er drückt mir die Kehle zu, weil er mit ihr ficken will. Ich störe ihn. Beim Ficken Wollen. Ich bin so durstig, so durstig. Und ich bin still. Ganz still. Ich habe das Gefühl zu verdursten…

Ich will leben! Ich bin durstig! Ich muss still sein! Sonst sterbe ich! Und meine Mama kommt nicht. Mein Gefühl dazu fehlt mir total. Da ist hilflose Wut, da ist blindes drauf einschlagen und da ist etwas in mir, was ganz laut ja sagt. Jetzt will ich laut sein! Ich will leben!

Wie sehr wünschte ich mir, dass es die Worte nicht gäbe. Nur die Begegnung. Wortlos. Spüren. Der Nase folgen, ohne Verstand und Vernunft. Die Fingerspitzen berühren, in den Arm nehmen. Sich trösten und halten. Einfach sein, ohne sich erklären zu müssen. Wildheit tanzen, sich selbst vergessen… Es fühlt sich gut an in der Gemeinschaft der Frauen.

Danke Sansara, Danke an Alle!

Da fehlt soviel im Aufschreiben, das könnte auch ein ganzes Buch werden über die Entdeckung der Welt. Der TAO Spaziergang, der auch ein Tau- Spaziergang war, das Schmecken und Riechen des Morgens in der Sonne. Das Inniglichfühlen mit Baum und Stein und Wiese und Himmel und Regen und Sonne und Pilz… Es macht sich eine neue Tür auf. Mein Gefängnis aufbrechen!

Im Frieden sein. In Liebe sein, mit allem was ist.

ICH WILL LIEBEN!