Ein Mann schrieb während seiner Sexualtherapie folgenden Erfahrungsbericht über seine Probleme und Gefühle mit vorzeitigem Samenerguss/ Ejaculatio praecox:
Nach einer langen Karriere von gescheiterten Beziehungen, die teilweise vielleicht eine Nacht lang gedauert hatten, verliebte ich mich irgendwann in eine Frau. Vorher hatte ich immer das gleiche Problem gehabt: Die Frauen, auf die ich abgefahren bin – an die habe ich mich nicht herangetraut und die, die etwas von mir wollten, die gingen mir nach kurzer Zeit auf die Nerven und ich lies sie abblitzen. Ich habe einmal bestimmt ein Jahr lang eine Frau beobachtet und mir eingebildet, in sie verliebt zu sein – habe mich aber nie getraut, zu ihr Kontakt aufzunehmen.
Als ich mich in diese Frau verliebt hatte, sprach ich mit ihr über mein Problem. Ich sagte ihr, dass ich an vorzeitigem Samenerguss leide. Das hat ein wenig Druck von mir genommen. In den kommenden Jahren war es für mich trotzdem die Hölle. Ich begehrte meine Freundin und es war total frustrierend für mich, immer wieder zu früh zu kommen. Doch in dieser Beziehung konnte ich ausprobieren. So probierte ich alle möglichen Mittel gegen Ejaculatio praecox aus. Ich nahm Betäubungssalbe, die ich auf meine Eichel geschmiert habe, habe auch Viagra probiert, habe versucht morgens mit ihr zu schlafen und habe auf Unterschiede gehofft. Außerdem habe ich Psychotherapie und Sexualtherapie begonnen und mich mit mir beschäftigt. Ich wollte meine Freundin unbedingt befriedigen und wenn ich wieder einmal nach zwei Minuten oder sogar noch früher gekommen war, war ich tief enttäuscht. Ich fühlte mich danach wie ein Versager, ein Aussätziger, unwürdig, von ihr geliebt zu werden. Es gab auch eine Phase, wo der Hass nach dem Orgasmus so stark war, dass ich etwas kaputt machen wollte und so habe ich das Bettlaken zerrissen oder einfach nur aufs Bett gehauen. Es waren kaum auszuhaltende Schmerzen, nicht genügen zu können, immer zu versagen, nie und nimmer, etwas verbessern zu können. “Es würde sich nie etwas ändern” sagte die Hoffnungslosigkeit in mir.
Was sich eröffnete in mir war eine mich beängstigende Bedürftigkeit und Abhängigkeit von Frauen. Heute würde ich sagen, dass genau diese Abhängigkeit Grund meiner Störung war. Ich war überflutet von unterschiedlichen Regungen: Von Leistungsphantasien und Ansprüchen einerseits, von Versagensängsten und Sexualängsten andererseits. Dann einer kindlichen Bedürftigkeit und Mutterübertragung und der gleichzeitigen Wut dagegen. Heute würde ich sagen, dass sich in meiner Störung Ejaculatio praecox mein Trotz und meine Wut Frauen gegenüber ausgedrückt hat. Einen anderen Ausdruck für meine Aggressionen hatte ich nicht gelernt bzw. mir nicht eröffnet. Es dauerte sehr lange bis ich mein Problem des vorzeitigen Samenerguss überwinden konnte. Immer wieder machte ich die Erfahrung, dass ich meinen Orgasmus nicht halten konnte. Ich hatte keinen Einfluss, scheinbar egal, was ich auch machte oder dachte. Doch je mehr ich mich den Gefühlen in meinem Schanz und in meinem Problem stellen konnte und je mehr ich die Regungen erlebte, umso offener konnte ich auch mit meinen Gefühlen und Bedürfnissen umgehen. Es war ein so schönes Erlebnis, als ich dann nach all der Arbeit und Beschäftigung mit mir selbst endlich mit einer Frau schlafen konnte. Ich war total verblüfft – aber plötzlich funktionierte es. Dieses Gefühl dürften sich Männer, die selten Probleme mit ihrem Orgasmus hatten, wohl kaum vorstellen können. Es war, als könnte ich endlich in dieser Welt mitspielen.